Brauerei Marketing
/0 Kommentare/in Tools & Tipps, Unternehmenskommunikation/von Uwe WalterBrauerei Marketing mit Storytelling
Wie kommt eine Bierflasche zu ihrem neuen Etikett? Ein Gespräch zwischen Brauer Maximilian Sailer und Uwe Walter über den Storytelling-Prozess im Hofbräuhaus Traunstein.
Maximilian Sailer (MS): Kennengelernt haben wir uns bei einem Storytelling Workshop für die bayerischen Braujunioren. Ich habe gleich gemerkt: Du kannst mit den großen Geschichten und einer Brauerei unglaublich viel anfangen.
Uwe Walter (UW): Für mich war das eine Entdeckung, dass Bier so narrativ ist – wie ein Paradies fürs Geschichten erzählen. Wie das Bier hergestellt wird, was die Menschen beim Bier trinken erleben, die Geschichte der Brauereien. Und dann zu sehen, was die Unternehmer in den Brauereien alles zusammenbringen. Sie müssen alle Ideen so verknüpfen, dass nachher eine runde Sache daraus wird. Auf ihrer Website, ihrem Etikett, im Marketing, auf Social Media, in der Teamführung – letztlich in allem.
MS: Intern haben wir zwar gefühlt: „Das, was wir an Werbeaussagen haben, ist schon gut.“ Aber nach ein, zwei Jahren hatte das der Mitbewerber auch auf dem Plakat stehen. Offensichtlich ist es doch nicht individuell und nicht das, was wir wirklich sind.
UW: Du hast mich damals angerufen und mich gefragt: Kannst Du uns helfen, das Profil der Brauerei zu schärfen? Ich bin zu euch rausgefahren, Du hast mir das ganze Hofbräuhaus Traunstein gezeigt und wir sind uns ziemlich schnell einig geworden.
Mit dem Geschichtenbaum zu den Wurzeln der Brauerei
MS: Deine erste Idee war, einen Storytelling-Baum zu gestalten. In zwei Tagen haben wir mit dem Team fast 200 Geschichten unserer Brauerei gesammelt und sie an den Baum gepinnt.
Historische und traditionelle Geschichten an die Baumwurzeln. Die Baumkrone trägt all die Geschichten, die wir jetzt schreiben. Alle Abteilungen, alle Menschen, die diese Brauerei prägen. Und natürlich die ganzen Umstände drumherum. Der Himmel obendrüber, die Landschaft, die ganze Region.
Zielgruppe, WHY und neue Etiketten
UW: Danach waren alle auf der „same page“, das war unsere Grundlage. Und dann ging ein richtiger Prozess los, mit unzähligen Fragen. Wie setzen wir das jetzt konkret um? Wie entwickeln wir das Marketing, die Brauerei, die Etiketten weiter?
MS: Wir haben unsere Zielgruppen neu definiert, unser Why herausgearbeitet und hatten im nächsten Markenworkshop schon sehr viele Partner an der Seite. Vom Texter über die Grafikagentur, die Innenarchitektin für die Brauereiführungen. Da ging es bereits ums Wappen, um die Etiketten. Die Themen kamen dann das erste Mal auf den Tisch – denn in dem Umfang war uns vorher gar nicht klar, wo wir da am Ende rauskommen. Es ist jetzt ein Jahr her, dass wir so in die konkreten Details gegangen sind.
UW: Ja, das war ein Riesenschritt. Die richtigen Menschen zu finden und die ersten Prototypen zu entwerfen für all diese Erlebnisbereiche.
„Das seid’s nicht ihr.“
MS: Und da hatten wir diesen A-HA Moment, als wir die fünf Entwürfe für die Etiketten unserer Biermarken bekommen haben.
Ich weiß noch genau, dass ich sie Dir vorab geschickt habe und dann kam irgendwann eine irre lange Textnachricht mit dem Tenor „Wir müssen uns unterhalten“. Im Telefonat hast Du mir dann gesagt:
„Lieber Maximilian, das seid’s nicht ihr.“
Und ich dachte: „Das ist ja der Wahnsinn. Wir haben jetzt ein Jahr lang gearbeitet, mit den Designern gesprochen. Jetzt wird doch bei einem von diesen Fünfen um Gottes willen einer dabei sein und dann machen wir einen Haken und dann ist eh noch genug zu tun.“
Ist das wirklich einzigartig?
MS: Eineinhalb Stunden haben wir telefoniert und Du hast gemeint: „Überleg einmal, das was da drin ist – ist das wirklich einzigartig? Seid das wirklich ihr? Oder ist das jetzt einfach etwas Modisches? Ihr seid doch nicht modisch. Ihr macht ja wohl nichts, was man nach fünf Jahren wieder überarbeitet. Eigentlich müsst ihr euch hinsetzen und für jede einzelne Biersorte ein richtiges Booklet erarbeiten mit mehreren Seiten.“
Du hast das ins Detail analysiert und uns einen sehr guten Hinweis gegeben in die Richtung, wo es weitergehen soll.
Das hat sich ein bisschen wie die Stunde Null angefühlt und ich wusste gar nicht, wie ich damit jetzt umgehen soll. Ein paar Nächte drüber geschlafen hab ich. Und dann haben wir uns im gesamten Team zusammengesetzt und gesagt:
„Naja, eigentlich hat er ja recht. Das ist wirklich was Modisches. Und jetzt, wo Du es sagst: So richtig gefallen hat es uns eigentlich auch nicht.“ Das kam dann so richtig raus aus den Leuten.
Die Stunde Null – wir nehmen jede einzelne Biermarke unter die Lupe und erstellen ausführliche Booklets
MS: Und dann haben wir gesagt: OK, wir starten nochmal von Null mit dem Thema Etiketten. Wir haben einen Brainstorming Prozess gestartet. Haben uns mit den Braumeistern, mit dem Marketing und dem Vertrieb zusammengesetzt und haben über Monate lang jedes einzelne Bier analysiert. Für jedes Bier mehrere Stunden lang alles aufgelistet und auf den Tisch gelegt. Die ganzen alten Werbemittel.
Wie haben die Etiketten vor 100 Jahren ausgeschaut? Was ist eigentlich die Sortenhistorie bei uns im Hofbräuhaus? Seit wann gibt es die Sorte? Wer trinkt denn diese Sorte eigentlich? Das war sehr aufwändig – aber wir haben damit was ganz Besonderes geschaffen.
MS: Wir haben es geschafft, den Charakter, die Seele jedes einzelnen Bieres rauszuarbeiten. Das war wirklich ein Booklet von mehreren Seiten pro Biersorte, das als Briefing an die Designer ging. Und die haben dann in liebevoller Handarbeit jedes einzelne Etikett handgezeichnet, so dass es kleine Kunstwerke geworden sind.
Die Spannung steigt. Es geht in die letzte Korrekturphase
MS: Wir hatten dann wirklich die Etiketten im zweiten Gang schon so gut, aber trotzdem hast Du immer nochmal ein paar Details gebracht, wo Du sagst:
„Achtet mal auf dies, achtet auf das.“ Das waren halt noch ganz wertvolle Hinweise von Dir.
UW: Ja das fand ich auch nochmal eine Sternstunde. Wo wir nochmal gesagt haben: Wie bringen wir eine Linie rein, dass wir eine Produktfamilie haben? Es muss Selbstähnlichkeiten geben zwischen den einzelnen Biersorten und den Etiketten. Aber gleichzeitig brauche ich eine hohe Individualität jedes einzelnen Bieres. Das auszuloten war noch der letzte Baustein.
Die neuen Etiketten – ein Meisterwerk
UW: Als ich dann die Ergebnisse gesehen habe war ich so glücklich und hatte wirklich das Gefühl: Das ist ein Meisterwerk.
MS: Ja – und so fühlt es sich für uns auch an.